Beitrag vom 09.06.2014: Die ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführung des Tragwerks wird immer wichtiger. Der BGH hat mit Beschluss vom 09.01.2014 (Az.: VII ZR 143/12) klare Hinweise zur Qualitätssicherung bei der Bauüberwachung gegeben. Mit diesem Beschluss haben die Karlsruher Richter ein Urteil des OLG Stuttgart vom 24.04.2012 (Az.: 10 U 7/12) rechtskräftig werden lassen.
Zunächst ging es im Verfahren um einen behaupteten Planungsmangel. Der Beschluss zeigt aber mit aller Deutlichkeit die Notwendigkeit der Ingenieurtechnischen Kontrolle der Ausführung der tragwerksrelevanten Arbeiten auf. Und genau das ist das heutige Thema.
Die Bauüberwachung auf der Baustelle hinsichtlich der Ausführung der Tragwerke (Stahlbeton, Stahlbau, Hangsicherungen, Gründung, Baugrubensicherung …) bei Gebäuden und Ingenieurbauwerken ist in der HOAI gesplittet geregelt. Tragwerke die in den Honorarzonen I und II eingruppiert sind, werden im Rahmen der Objektüberwachung der Objektplanung ohne gesondertes Honorar mit überwacht, um diese (nicht sehr häufig auftretenden) Tragwerke geht es heute aber nicht. Es geht um Tragwerke, die den Honorarzonen III bis V zuzuordnen sind – also um den am häufigsten auftretenden Fall. Hier sieht die Sache anders aus. Hier wird nämlich die Bauüberwachung bzw. Objektüberwachung zur besonderen Leistung des Leistungsbildes Tragwerksplanung, dort als Ingenieurtechnische Kontrolle bezeichnet.
BGH verteilt die Zuständigkeiten bei Überwachung der Tragwerke
Der BGH hat mit o.g. Beschluss neben der Klärung der Zuständigkeit für den Baumangel auch noch nachfolgende fachtechnische Regeln aufgestellt. Damit wird ganz nebenbei auch die ingenieurtechnische Kontrolle, ohne das es ausdrücklich im Urteil steht, als in den meistens fällen faktisch erforderlich eingestuft, unberührt ob das eine besondere Leistung ist. Die Regeln (sinngemäß):
- Wenn eine Prüfstatik (gemeint: der Prüfbericht des Prüfingenieurs) mangelhaft ist und sich daraus ein Schaden ergibt, ergeben sich gegen den (nur hoheitlich tätigen) Prüfingenieur keine Gewährleistungsansprüche.
- Die Bauüberwachung der Objektplanung muss den Auftraggeber rechtzeitig über die zur Bauüberwachung erforderlichen Kapazitäten und über die fachtechnischen Qualifikationen (z.B. ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführung) informieren.
- Das Architektur- oder Ingenieurbüro, das die Objektüberwachung übernommen hat, muss mindestens dahingehend beraten bzw. dafür Sorge tragen, dass schadensträchtige Bauleistungen entweder von ihm selbst, oder von einem darauf spezialisierten Fachplaner auch überwacht werden (Beratungspflicht).
- Wenn zur sachgerechten Auftragsabwicklung besondere Leistungen aus fachtechnischen Gründen erforderlich sind, muss der Bauherr darauf hingewiesen werden. Die Frage ob Grund- oder Besondere Leistungen zu beauftragen sind ist in Bezug auf den Werkerfolg belanglos, es geht um die fachliche Erforderlichkeit.
- Ein Tragwerksplaner kann sich keineswegs darauf verlassen, dass der Bauüberwacher im Rahmen seiner Pflichten einen Mangel hätte verhindern können, in dem er selbst den Planungsfehler rechtzeitig erkannt hätte und damit eine Korrektur der Planung in Gang gesetzt hatte bevor der Planungsfehler realisiert wird.
Hinweise zu 1: Der Prüfingenieur ist nach wie vor nicht als Planer oder Bauüberwacher anzusehen. Ob der Prüfingenieur auf der Baustelle (stichprobenartige Kontrollen vornimmt oder nicht, hat für die werkvertraglich tätigen Architektur- oder Ingenieurbüros keinerlei Bedeutung. Der Bauherr sollte also keineswegs auf den Gedanken kommen, dass der Prüfingenieur die werkvertragliche Qualitätssicherung erbringt und mit dieser Argumentation die Beauftragung der ingenieurtechnischen Kontrolle der Ausführung durch den Tragwerksplaner verweigern.
Hinweise zu 5: Die vor Ort tätige Bauüberwachung wird in Bezug auf die fachliche Kontrolle der Bewehrungspläne entlastet. Im hier vorliegenden Fall ging es um die Frage der detaillierten Ausführungsplanung bei der Bewehrungslage und der Betonüberdeckung. Etwaige Mängel in diesem Planungssegment muss der Objektüberwacher (Leistungsbild Gebäude oder Ingenieurbauwerke) also nicht zwingend im Sinne einer Qualitätsprüfung erkennen.
Fazit: Offen ist noch die Frage, wer die Beratung in Bezug auf die Beauftragung der Ingenieurtechnischen Kontrolle erbringen muss. Diese Frage blieb im Gerichtsverfahren ungeklärt. Aus der Urteilsbegründung lässt sich aber klar ableiten, dass hier die Bauüberwachung aus dem Leistungsbild Gebäude bzw. Ingenieurbauwerke als wahrscheinlicher Berater gefragt ist. Sinngemäß steht in der Urteilsbegründung, dass die Objektüberwachung, für das ordnungsgemäße Ineinandergreifen ihrer Tätigkeit mit derjenigen der Fachplaner verantwortlich ist und sicherstellen muss, dass kritische Bauabschnitte (hier: Bewehrung von Betonierarbeiten) von ihm oder dem Fachplaner angemessen kontrolliert werden. Das gilt unberührt von der Frage der Vergütungsart der Leistungen (also unberührt von der Frage, ob es sich um eine Grund- oder Besondere Leistung handelt).
Die ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführung des Tragwerks ist zwar eine besondere Leistung. Aber dennoch ist diese Leistung bei Tragwerken ab der Leistungsphase III aufwärts dringend zur Beauftragung zu empfehlen.