Gelegentlich gibt es Streit übers Honorar wenn Architekten oder Ingenieure auf Machbarkeitsstudien oder Sanierungsgutachten, die vor dem eigentlichen Planungsbeginn erstellt wurden, aufbauen. Der Streit betrifft die Frage, ob und inwieweit in der Machbarkeitsstudie Leistungen enthalten sind, die gleichzeitig Grundleistungen darstellen. Das Oberlandesgericht Celle hat sich zu diesem Thema jüngst geäußert, mit einem überraschendem Ergebnis, das nachstehend besprochen wird.
In diesen Fällen ergeben sich für einen evtl. anschließend beauftragten Objektplaner folgende Fragen,
- Kann eine Machbarkeitsstudie bzw. Sanierungsgutachten überhaupt, und wenn ja in welcher Höhe, honorarmindernd in den Leistungsphasen 1 und 2 wirken?
- Müssen diese Vorleistungen im Zuge der späteren Planungsvertiefung auf Richtigkeit geprüft werden, oder dürfen die Vorgaben aus dem Gutachten ungeprüft übernommen werden?
Antwort zu Frage 1: Die erste Frage hat das OLG Celle mit Urteil vom 29.01.2014 (Az.: 7 U 159/12) am Beispiel eines sogenannten Sanierungsgutachtens beantwortet.
Die Richter haben im vorliegenden Fall zwar ausgeführt, dass das Sanierungsgutachten der Leistungsphase 2 der Objektplanung entspricht. Liest man allerdings die Urteilsbegründung erschließt sich daraus aber nicht, ob das Sanierungsgutachten auch tatsächlich inhaltlich und fachtechnisch so umfassend war, dass damit die Leistungen der Leistungsphase 2 erbracht sind. Denn nur dann hätte – aus fachtechnischer Sicht – das Honorar für die Leistungsphase 2 beim nachfolgenden Planungsbüro angerechnet werden können.
Die Richter haben sich im Übrigen zur konkreten Vergleichbarkeit des Sanierungsgutachtens mit den Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 auch nicht geäußert. Damit kann das Urteil in Fachkreisen nicht als allgemeingültige Begründung für eine etwaige Nichtbeauftragung der Leistungsphasen 1 und 2 herhalten.
Die Erfahrung zeigt ganz eindeutig, dass Machbarkeitsstudien oder Sanierungsgutachten in den häufigsten Fällen auch inhaltlich nicht den Leistungen entsprechen, die in den Leistungsphasen 1 und 2 der Objektplanung und der Fachplanung erbracht werden. Auch unter diesem Aspekt kann das o. g. Urteil nur als spezieller Einzelfall gesehen werden.
Ergibt die Prüfung, dass das Sanierungsgutachten nicht vollwertig im Sinne der Leistungsphasen 1 und 2 sind, sollte unbedingt der Auftraggeber darauf hingewiesen werden, verbunden mit dem Hinweis zur Notwendigkeit der vollständigen Erbringung der Leistungsphasen 1 und 2 durch das Planungsbüro als Basis für eine sachgerechte weitere Planungsvertiefung.
Antwort zu Frage 2: Die Frage Nr. 2 nach der Prüfung der Machbarkeitsstudie oder des Sanierungsgutachtens im Hinblick auf etwaige Mängel kann mit Bezugnahme auf das allgemeine Werkvertragsrecht beantwortet werden. Danach sind die Leistungen, die ein Planungsbüro von einem anderen Büro übernimmt und in seine eigene Leistung integriert auf etwaige Mängel zu prüfen. Mit dieser Prüfung soll vermieden werden, dass sich ein Mangel aus dem Sanierungsgutachten anschließend als Planungsmangel fortsetzt.
Werden dabei Mängel festgestellt, sollte der Auftraggeber darüber zu unterrichtet werden. Dann wäre vom Auftraggeber zu entscheiden, ob die Mängel noch im Rahmen des Sanierungsgutachtens beseitigt werden oder der nachfolgende Planer die Leistungsphasen 1 und 2 unvermindert erbringt und damit den Mangel automatisch beseitigt. Diese Entscheidung obliegt dem Auftraggeber.
Vergleichbar sieht die Sache aus, wenn das Sanierungsgutachten im Vergleich zu den Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 nicht vollständig ist.
Warum sich die Prüfung der Vorleistung lohnt: Die Haftung des Erstellers des Sanierungsgutachtens oder Erstellers der Machbarkeitsstudie dürfte sich in Grenzen halten, wenn ein nachfolgender Planer darauf vertrauensselig aufbaut und einen darin enthaltenen Mangel dann durch die Planungsvertiefung selbst fortsetzt und später auch bei der Bauüberwachung mitträgt. Dann muss sich der Planer nämlich vorhalten lassen, dass letztlich er die spätere Mangelursache gesetzt hat, während der Ersteller des Sanierungsgutachtens mit der konkreten Ausführungsplanung, Ausschreibung und Bauüberwachung nichts mehr zu tun hat, und damit argumentieren kann, dass bei ordnungsgemäßer Planungsvertiefung des nachfolgenden Planungsbüros der Mangel noch verhindert hätte werden können.
Neue Situation mit der HOAI 2013: Das Urteil des OLG Celle betrifft noch eine alte Fassung der HOAI. Nach den neuen Grundleistungen der HOAI 2013 in den LPH 1 und 2 dürfte es vielmehr allen Beteiligten klar sein, dass die klassischen Sanierungsgutachten oder Machbarkeitsstudien inhaltlich nicht mehr den Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 entsprechen. Die Inhalte der beiden vorgenannten Leistungsphasen haben sich nämlich relevant geändert. Es dürfte nunmehr eher die seltene Ausnahme sein, dass ein Sanierungsgutachten fachlich den Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 entspricht.
Fazit: Vermeiden sie inhaltliche Überlappungen. Es wird vorgeschlagen, etwaige Sanierungsgutachten oder Machbarkeitsstudien inhaltlich so auszurichten, dass ganz eindeutig nachvollziehbar ist, ob und wenn ja, mit welchen Anteilen Leistungen aus der Machbarkeitsstudie inhaltlich Grundleistungen entsprechen. Damit dürfte auch klar sein, welche anteiligen Leistungen in die anschließende Planungsvertiefung übernommen werden können und welche nicht übernommen werden können.
Das Urteil des OLG Celle kann bereits aus fachlichen Erwägungen heraus keine allgemeingültige Gültigkeit entfalten und dürfte daher – insbesondere bei Anwendung der HOAI 2013 nicht erheblich sein.