Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 22.05.2019 (VII RZ 25/17) zu zwei sehr wichtigen Honorarthemen einen Beschluss gefasst, der allen Planern den Rücken deutlich stärkt und die Honorarabrechnung bei Planungsänderungen vereinfacht. Zum einen geht es um den Honoraranspruch bei Planungsänderungen und zum anderen um die Anpassung der anrechenbaren Kosten (=Kostenberechnung) bei Planungsänderungen die zu Mehrkosten führen.
Damit wurde der vorangehende Beschluss des Oberlandesgerichts München mit vom 31.01.2017 (27 U 3253/16 Bau) rechtswirksam. Nachstehend erläutern wir Ihnen die Zusammenhänge und Folgen für das Tagesgeschäft.
Bemerkenswert ist dabei, dass dieser BGH – Beschluss nicht im Widerspruch mit dem aktuellen Urteil des EuGH vom 04.07.2019 zum Mindestsatz steht. Im Ergebnis handelt es sich um eine „kalkulatorische“ Maßgabe des BGH, die auf Honorarvereinbarungen auf der Grundlage von anrechenbaren Kosten basiert, und die wird es in den nächsten Jahren weiterhin geben. Insoweit ist der Beschluss auch von langfristig wirkender Bedeutung unberührt vom o. g. Urteil des EuGH zum Mindestsatz.
Änderungshonorar einfacher durchsetzbar
Der BGH hat zunächst klargestellt, dass das Änderungshonorar bereits formal künftig deutlich einfacher durchsetzbar ist. Denn die lästige Frage von Schriftformerfordernissen bei Planungsänderungen (praxisfern geregelt in §10 HOAI) hat der BGH klar im Sinne der Planer entschieden.
Der Tenor: Der Anspruch für Änderungshonorar besteht bei vereinbarten Planungsänderungen auch ohne schriftliche Honorarvereinbarung und auch ohne schriftliche Änderungsvereinbarung (= Regelung über die Änderung an sich, die auch mündlich getroffen werden darf).
Die „Schriftformregelung“ in §10 HOAI ist insoweit nach dem Beschluss des BGH keine Anspruchsgrundlage. Das Honorar für Planungsänderungen darf somit auch bei mündlicher Vereinbarung oder bei Niederschrift in Besprechungsprotokollen nach dem Mindestsatz abgerechnet werden.
Dass eine schriftliche Beauftragung immer sicherer ist, steht nicht zur Debatte. Aber nun ist es quasi amtlich, dass das Änderungshonorar nicht an fehlender Schriftform scheitert. Das wird insbesondere deshalb interessant, weil die Rechtsprechung auch kleinere Änderungen aus der Sphäre des Bauherrn als Honorarrelevant eingestuft hat.
Tipp: Unberührt vom BGH-Beschluss gilt, dass bei Planungsänderungen die technisch / fachlichen Inhalte die zu ändern sind (= Ziele und räumlicher Umfang der jeweiligen Planungsänderung) zu den Änderungen immer geklärt werden müssen, schon allein damit klar ist was zu ändern ist.
Wie bereits in zurückliegenden Aufsätzen klargestellt, können fehlende schriftliche Vereinbarungen auch schnell mit (kaufm.) Bestätigungsschreiben von ihnen selbst erzeugt werden. Alternativ ist auch eine entsprechende Niederschrift in den Besprechungsprotokollen ausreichend.
Zugrundelegung geänderter anrechenbarer Kosten bei Planungsänderungen
Auch einen jahrelangen 2. Streitpunkt hat der BGH mit o. g. Beschluss geklärt. Bislang gab es regelmäßig Streit über die Anpassung der anrechenbaren Kosten in Bezug auf vereinbarte Planungsänderungen, wenn dadurch zusätzliche Kosten anfallen.
Der BGH hat dazu klargestellt, dass bei Planungsänderungen mit Mehrkosten oder änderungsbedingten Kostenveränderungen auch die anrechenbaren Kosten, also die Entwurfsplanung entsprechend nach oben anzupassen sind. Damit ist eine lange währende Diskussion endgültig beendet.
Tipp: Bei Planungsänderungen ist also im Zuge der Vorlage der Änderungsplanung gleichzeitig die Aktualisierung der Entwurfsplanung vorzunehmen. Diese aktualisierte Entwurfsplanung beinhaltet auch die aktualisierte Kostenberechnung.
Damit sind die Honorargrundlagen bei Planungsänderungen mit Hilfe des BGH geschaffen.
Sie haben es ab sofort selbst in der Hand, die vom BGH zur Verfügung gestellten Maßgaben zur Abrechnung der änderungsbedingten Zusatzleistungen anzuwenden.
Beachten sie auch die Vorschriften des neuen BGB. Dort lesen sie, wie das Änderungshonorar erfolgreich sofort bei Änderungsvereinbarung durchgesetzt wird. Hier ist nochmal auf die sog. 30-Tagesfrist gem. §650b (2) BGB hinzuweisen, die der Bauherr hinnehmen muss, falls er ihr Honorarangebot für die Planungsänderung nicht akzeptiert. Da die 30-Tagesregelung auch für Baufirmen gilt und Baufirmen erst dann ein Nachtragsangebot einreichen müssen, wenn sie die Änderungsplanung des Planers überreicht bekommen, kommt der Bauherr nicht umhin, sich mit dem Planer über das Änderungshonorar schriftlich verbindlich zu einigen.
Zwischenfazit: Die Honorardurchsetzung wird immer weiter vereinfacht. Werden die Änderungshonorare erst am Projektende aktiviert, beginnt die Phase des „Hinterherrennens“. Diese Situation kann in Zukunft mit breiter Unterstützung des BGH und des Gesetzgebers vermieden werden.
Sonderfall: Änderung bei unveränderten Kosten
Der o. e. BGH – Grundsatz zum Änderungshonorar gilt auch bei Planungsänderungen bei denen sich die anrechenbaren Kosten nicht ändern. Dazu folgendes Beispiel: Wird die Fassade, die z.B. 12% der Baukosten ausmacht, in geänderter Form kurz nach Einreichung des Bauantrags auf Veranlassung des Bauherrn noch einmal neu geplant, steht dem Planer für den Änderungsumfang in den betreffenden Leistungsphase das Honorar für den räumlichen Änderungsumfang (= anrechenbare Kosten der Fassade) für die jeweils wiederholt erbrachten Grundleistungen ebenfalls zu.
Hier ist dann statt einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten der wiederholte Ansatz der betreffenden (im Beispiel unveränderten) anrechenbaren Kosten der Fassade als Grundlage für das Änderungshonorar anzusetzen. Tipp: Das Beispiel zeigt anschaulich, dass allein eine änderungsbedingte Anpassung der Kostenberechnung nicht zum angemessenen Honorar führt. Denn die änderungsbedingt nicht mehr verwendbare urspr. Planung (hier: der Fassade) ist ebenfalls – als sog. Wegwerfplanung – abzurechnen. Dieses Prinzip gilt auch bei Erhöhungen von anrechenbaren Kosten, unserem ersten Beispiel