Öffentliche Aufträge – Auftraggeberleistungen in LPH 7

Beitrag vom 22.04.2014:

Bei öffentlichen Aufträgen stellt sich aufgrund der gestiegenen Dokumentationspflichten des Auftraggebers die Frage, was eigentlich Planungsbüros, die auf Basis der Grundleistungen nach HOAI beauftragt sind, im Zuge der Ausschreibungsverfahren zu leisten haben und wo die Schnittstelle zu den Auftraggeberleistungen liegt. Interessant ist dieses Thema auch für alle Aufträge von privaten Auftraggebern, die mit öffentlichen Fördermitteln planen und bauen, falls dort entsprechende Dokumentationspflichten zu erfüllen sind.

 

Die Dokumentation von Vergabeverfahren kann hohe Aufwände erfordern und auch vergaberechtliche Folgen auslösen, wenn Dokumentationen formale Fehler enthalten. Aktuelles Beispiel ist eine Vorabinformation über die beabsichtigte Vergabe eines öffentlichen Auftrags nach dem GWB-Gesetz. Bei dieser Vorabinformation hatte der Auslober den Namen des zur Vergabe vorgesehenen Anbieters im Schreiben an die weiteren Bewerber nicht genannt. Daraufhin erklärte das Oberlandesgericht Koblenz mit aktuellem Beschluss vom 25.09.2012 (1 Verg 5/12) die Unwirksamkeit der Zuschlagserteilung an den ausgewählten Bieter. Mit diesem Beschluss zeigt sich die sehr hohe vergaberechtliche Bedeutung von zunächst einfachen Dokumentationsleistungen.

 

Insofern ist es für alle Planungsbüros wichtig, rechtzeitig zu klären, welche Leistungen der Auftraggeber in eigener Zuständigkeit erbringen sollte. Die Rechtsfragen des Vergaberechts sollten immer beim Auftraggeber bleiben, denn die gehören nicht zu den Grundleistungen der HOAI.

 

Es sollte auch vermieden werden, die Bearbeitung von Rechtsfragen als Besondere Leistung zu übernehmen. Aufgrund der inzwischen stark gestiegenen  Risiken im Vergaberecht kann eine nicht belastbare Entscheidung (siehe OLG Koblenz oben) viele Unannehmlichkeiten mit sich bringen, so dass davon abzuraten ist im Bereich des Vergaberechts Leistungen zu erbringen, die über die jeweiligen Grundleistungen hinausgehen.

 

Nachstehend zeigen wir anhand einer Beispielübersicht von Vergabedokumentationsunterlagen aus dem Bundesland Bayern für öffentliche Auftraggeber, welche Dokumentationsleistungen bei öffentlichen Auftraggebern anfallen aber so nicht mit den Grundleistungen nach HOAI enthalten sind.

 

Vergabedokumentation gemäß VHB      (VHB = Vergabehandbuch)   Beurteilung nach HOAI      (z.B. Grundleistungen f. Gebäude gem. §33)
 
Dokumentationsformular zum Angebotsversand z.B. Bieter-Nr., Eingang Angebotsanforderung beim Auftraggeber, Vermerk über Zahlungseingang, Datum des Versands von Angebotsunterlagen, Vermerk ob elektrische Anbieter oder konventionell Das ist Aufgabe des Auftraggebers. Es handelt sich um Leistungen, die nicht Bestandteil der Honorartatbestände nach HOAI sind. Dies sollte aus Gründen der Korruptionsprävention nicht delegiert werden.
 
Niederschrift über die Angebotseröffnung z.B. Anzahl der rechtzeitig eingegangenen Angebote, Angabe von verspäteten Angeboten, Anzahl von Nebenangeboten, genaue Uhrzeit der Angebotseröffnung, Angabe zu anwesenden Personen, Auflistung aller bei Angebotseröffnung vorliegenden Angebote mit Anbieteranschrift, ungeprüfter Angebotssumme, Anzahl Nebenangebote, etwaige besondere Vorkommnisse (z.B. keine Unversehrtheit des Angebotsumschlags) Das ist Aufgabe des Auftraggebers. Es handelt sich um Leistungen, die nicht Bestandteil der Honorartatbestände nach HOAI sind. Dies sollte aus Gründen der Korruptionsprävention nicht delegiert werden.
 
Dokumentation von Daten und Inhalten von Aufklärungen von Angebotsinhalten, Angabe zu Anschlusskriterien wie Preis oder andere Kriterien Protokolle über Angebotsverhandlungen, (Leistung 7e nach HOAI 2009 bei Gebäuden). Angabe zu Ausschlusskriterien ist Sache des AG im Rahmen des Vergaberechts. Ob solche Kriterien vorliegen gibt der Planer dem AG bekannt.
 
Formblatt mit Angaben zur Entscheidung über den Zuschlag z.B. Angaben zu zuständigen Entscheider Personen beim Auftraggeber, Vergabenummern, Begründung zum Vergabevorschlag, Bestätigungsvermerk (bevorzugter Bewerber, Eignungsnachweise….), voraussichtliche Abrechnungssumme, Angabe zu federführendem Personal beim Auftraggeber Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten (u.a. Dokumentation gem. §20 VOB/A) obliegen dem Auftraggeber.
 
Absageschreiben an Bieter, denen der Auftrag nicht erteilt werden soll (siehe §19 VOB/A) mit Angabe von Gründen (z.B. zu spät eingegangen, zu hoch in der Preisrangfolge, Änderung der Angebotsunterlagen, fehlende Unterschrift…) Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber. Siehe Beschluss OLG Koblenz oben.
 
Formulierung des Auftragsschreibens mit Hinweisen zu Terminen, Freistellungsbescheinigungen, Formulierung einer Empfangsbestätigung mit Angabe der Ansprechpartner des Auftragnehmers. Die Formulierung des Auftragsschreibens ist Sache des Auftraggebers. Dabei kann z.B. auf fachtechnische Festlegungen aus der Angebotsaufklärung Bezug genommen werden. Vergaberechtsfragen wie z.B. geänderte Ausführungsfristen sind Sache des Auftraggebers
 
Information über die Erteilung eines Auftrags nach §21 (3) VOB/A mit Auftragsdaten Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber. Siehe Beschluss OLG Koblenz oben.
 
Vergabevermerk über etwaige Aufhebung einer Ausschreibung mit Angabe der Entscheider Person beim Auftraggeber, Aufhebungsgründen, Festlegung des weiteren Verfahrens (neue Ausschreibung, freihändige. Vergabe….) Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber.
 
Schriftsatz an Bieter über die erfolgte Aufhebung einer Ausschreibung mit Begründung und Angabe zum weiteren Verfahren Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber.
 
Protokoll über die „erste Durchsicht“ von Angeboten mit Prüfpunkten wie z.B. fehlende Unterschrift, gesondertes Ausschreiben, Preisnachlässe, Nebenangebote, Änderungen an Angebotsunterlagen Wird ohnehin im Zuge der Angebotsprüfung u. Wertung geprüft; eine Dokumentation einer 1. Durchsicht ist nicht in den Leistungsbildern der HOAI geregelt.
 
Formular Bieterliste mit Auflistung aller Anbieter mit Angabe von ungeprüften und geprüften Angebotspreisen sowie Angabe zum Abstand zu anderen Bietern Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber.
 
Angaben zu Ergebnissen der Eignungsprüfung zur Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit, Eigenerklärungen für Anbieter und angegebene Subunternehmer, Entscheidung über Verbleib oder Angebotsausschluss aus dem weiteren Verfahren Das erfolgt im Zuge der Angebotsprüung und Wertung in Leistungsphase 7. Die finale Entscheidung über Verbleib oder Ausschluss bei der weiteren Wertung trifft der Auftraggeber.
Schreiben an Anbieter mit der Aufforderung zur Zuschlagsfristverlängerung und beigefügter Erklärung des Bieters, Festlegung der neuen Zuschlagsfrist Das ist Angelegenheit des Auftraggebers. Vergaberechtsangelegenheiten obliegen dem Auftraggeber.

 

 

Dokumentation von Vergabeverfahren – Auftraggeberleistungen

Die baufachliche Angebotsauswertung und Prüfung ist Sache der Planungsbüros; die darüber hinausgehende Dokumentation und Bearbeitung von Vergabeentscheidungen und Rechtsfragen sind Sache des Auftraggebers. Dabei ist ergänzend zu beachten, dass insbesondere unter Berücksichtigung der Gesetze und Richtlinien zur Korruptionsprävention (bei großen priv. AG’s: Compliance-Richtlinien) nur ein geringer Teil der Auftraggeberleistungen an Planungsbüros übertragen werden können. Das bedeutet, dass ohnehin ein wichtiger Anteil der o.g. Leistungen als „nicht delegierbar“ eingestuft wird.

Beispiel: Der Bundesrechnungshof erwartet, so ein interner Prüfbericht, sogar, dass die Ausschreibungsunterlagen keine Hinweise auf das aufstellende und angebotsauswertendende Planungsbüro enthalten sollen. Rückfragen von Bietern sollen danach vom öffentlichen Auslober selbst und nicht vom Architekten beantwortet werden, damit Kontaktaufnahmen vermieden werden.